Unter dem Böschungswinkel einer Baugrube oder eines Grabens ist die Neigung der Böschung in Grad gegenüber der Waagerechten zu verstehen.
Die DIN 4124 gibt folgende Böschungswinkel vor, die in Regelfällen für Baugruben und Gräben angesetzt werden können:
Bei Baugruben und Gräben mit einer Tiefe von bis zu 1,25 m bei nichtbindigen Böden oder weichen bindigen Böden oder einer Tiefe von bis zu 1,75 m bei wenigstens steifen bindigen Böden, können ohne Verbau folgende Aushubprofile erstellt werden:
Ziel bei der Anlage von geböschten Baugruben und Gräben ist es, die Böschung so steil wie möglich anzulegen, um die Kosten für Aushub und gegebenenfalls Entsorgung zu minimieren.
Gleichzeitig darf der Böschungswinkel jedoch nicht so groß werden, dass die Böschung instabil wird. Dies ist von besonderer Bedeutung, da es potentiell tödlich enden kann, wenn eine oder mehrere Personen verschüttet werden
Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Winkel gemäß DIN 4124
Die Böschungswinkel der DIN 4124 gelten nur unter einer ganzen Reihe von Voraussetzungen:
- es liegen keine Störungen des Bodens, Klüfte oder Verwerfungen vor, die die Standsicherheit beeinträchtigen können
- Schichtung oder Schieferung fallen nicht in Richtung der Grube ein
- es handelt sich nicht um unverdichtete oder nur gering verdichtete Auffüllungen oder Anschüttungen
- im Falle von weichen Böden: nur unerhebliche Anteile an Seeton, Beckenschluff, organischen Anteilen und ähnlichem
- keine offene Grundwasserabsenkung in Feinsand oder Schluff
- kein Zutritt von Schichtenwasser aus der Böschung
- keine Böden, die zum Fließen neigen
- starke Erschütterungen (Rammen, Rütteln, Verdichten, Sprengen oder erhebliche Verkehrseinflüsse)
- die Standsicherheit von Bauwerken oder Verkehrsflächen darf nicht gefährdet werden
Auch zu den geometrischen Verhältnissen werden in der DIN 4124 Vorgaben gemacht:
- die Böschung ist nicht höher als 5,00 m
- das Gelände neben der Böschungskante darf nicht steiler als 1:10 ansteigen
- Bei Lasten an der Böschungskrone sind Sicherheitsabstände einzuhalten (siehe nachfolgende Abbildung)
- Neben dem lastfrei zu haltenden Schutzstreifen dürfen sich keine Erdaufschüttungen mit einer Neigung von mehr als 1:2 befinden
Schutz der Böschung vor Witterungseinflüssen
Die Baugrube beziehungsweise der Graben ist im Regelfall Witterungseinflüssen wie Oberflächenwasser, Austrocknung oder Frost ausgesetzt, die die Böschung je nach Bodenart unterschiedlich stark beeinträchtigen können. Je nach Grad der Beeinträchtigung ist die Böschung entweder vor Witterungseinflüssen zu schützen oder der Böschungswinkel zu verringern.
Die Böschung kann beispielsweise durch Abdeckung mit Folie geschützt werden. Wenn sich an der Böschungskrone eine versiegelte Fläche (z.B. Asphalt) befindet und die Fläche auch noch in Richtung der Baugrube geneigt ist, dann ist dafür Sorge zu tragen, dass das Oberflächenwasser nicht über die Böschungsoberkante einströmen kann. Hierfür können z.B. kleine Wälle aus Magerbeton oder Kaltasphalt angelegt werden oder das Wasser mit Fanggräben gezielt gefasst und abgeleitet werden.
Wenn die Voraussetzungen nicht erfüllt sind
Treffen eine oder mehrere der Voraussetzungen nicht zu, dann müssen die maximal zulässigen Böschungswinkel durch rechnerischen Nachweis ermittelt werden. Hierbei ergeben sich dann üblicherweise deutlich flachere Neigungen. Im Regelfall erfolgt der rechnerische Nachweis der zulässigen Winkel nach DIN 4084 (in Verbindung mit DIN EN 1997-1 und DIN 1054).
Geben die Platzverhältnisse oder einzuhaltende Grundstücksgrenzen die Anlage einer Böschung unter einer sicheren Neigung nach DIN 4124 nicht her oder fällt dabei so viel Aushub an, dass die Böschungsausbildung unwirtschaftlich wird, dann kann der geplante Geländesprung auch konstruktiv mit einem Verbau gesichert werden.
Welche Art des Verbaus hier zu wählen ist, hängt vom Einzelfall ab. Hierbei sind in jedem Fall neben den bodenmechanischen und felsmechanischen Belangen auch Einflüsse aus Grundwasser oder Schichtenwasser und die umliegende Bebauung zu berücksichtigen.
Böschungswinkel für den Endzustand
Die oben aufgeführten Angaben der Böschungswinkel gelten nur für Baugruben und Gräben, also für bauzeitliche Zustände. Für die Anlage von dauerhaften Böschungen sind in der Regel deutlich kleinere Winkel erforderlich, sofern keine gesonderten Maßnahmen zur Böschungsbefestigung ergriffen werden.
Um die Neigungen für den Endzustand festzulegen, kann hilfsweise auf die Richtlinien für die Anlage von Landstraßen (RAL) zurückgegriffen werden. Hier werden Regelneigungen definiert, die jedoch unter dem Vorbehalt der erdstatischen Umsetzbarkeit stehen. So gibt es auch Böden, bei denen flachere Winkel erforderlich werden können. Auch bei Strömungsdruck durch Grundwasser sind in der Regel Abflachungen erforderlich.
Für Dämme und Einschnitte mit einer Höhe von mehr als 2 m wird gemäß RAL eine Regelneigung von 1:1,5 vorgegeben. Dies entspricht einem Böschungswinkel von etwas weniger als 34° und liegt damit bereits deutlich unter den bauzeitlichen Winkeln nach DIN 4124.
Bei Böschungshöhen von weniger als 2 m wird eine konstante Böschungsbreite von 3 m empfohlen. Das hat zur Folge, dass die Böschung bei 2 m zunächst mit einem Winkel von etwa 34° beginnt und mit abnehmender Höhe immer weiter abflacht.
Neben der Regelneigung nach RAL gibt es Erfahrungswerte (siehe Handbuch ZTV E-StB, Kommentar und Kompendium) für einfache Böschungen, mit homogenem Bodenaufbau und ohne Wassereinfluss, die in Abhängigkeit der Bodenart gewählt werden können.
Für grobkörnige Böden können folgende Neigungen angesetzt werden:
Kiese, Sande | 1:1,5 |
Feinsande | 1:2,0 |
Bei feinkörnigen Böden (z.B. Schluff) richtet sich die Neigung nach der Böschungshöhe:
Höhe < 3 m | 1:1,25 |
Höhe < 10 m | 1:1,5 |
Höhe < 15 m | 1:1,8 bis 1:2,0 |
Abschließend werden Angaben zu gemischtkörnigen Böden gemacht, die sowohl grobkörnige, als auch feinkörnige Anteile aufweisen:
schluffig-tonige Böden (Bodengruppen GU/GT) | 1:1,5 |
alle anderen gemischtkörnigen Böden | wie Neigungen für feinkörnige Böden (siehe vorherige Tabelle) |
Zuletzt besteht auch bei dauerhaft angelegten Böschungen die Möglichkeit – und bei komplizierteren Verhältnissen sogar die Bedingung – den Böschungswinkel durch rechnerischen Nachweis festzulegen. Auch hier kann auf die Vorgaben der DIN 4084 zurückgegriffen werden.