Der schiefe Turm von Pisa und sein Baugrundproblem

Der schiefe Turm von Pisa und sein Baugrundproblem

Der schiefe Turm von Pisa ist wohl eines der bekanntesten Gebäude der Welt und sicherlich das bekannteste Gebäude auf problematischem Baugrund.

Warum steht der schiefe Turm von Pisa schief?

Der Turm wurde wider besseres Wissen im Übergangsbereich einer ehemaligen Insel zu einem antiken Hafenbecken erbaut, das bereits vollständig verlandet war. Der lehmig-sandige Boden im ehemaligen Hafenbecken ist hierbei deutlich setzungsempfindlicher als der gewachsene Inselboden, so dass es zu sehr ungleichmäßigen Setzungen kommt. Die Setzungen dauern im Übrigen bis heute an, so dass die Schiefstellung kontinuierlich voranschreitet.

Auch wenn der Turm optisch fragil wirkt, unbewusst wurde er anscheinend ausgesprochen erdbebensicher ausgelegt. Im Zeitraum von 1280 bis 1980 wurde der Turm von wenigstens vier starken Erdbeben heimgesucht und er steht heute noch. Dies wird auf das Zusammenspiel der Struktur des Bauwerks mit dem weichen Boden zurückgeführt, das kaum zu Anregungen führt.

Ist der Turm noch zu retten?

Es wurden zahlreiche Ideen gesammelt, wie der schiefe Turm von Pisa wieder begradigt werden könnte. Vor allem in neuerer Zeit war man anscheinend bemüht darum: Stand 1992 entfielen von 17 verschiedenen Kommissionen seit seiner Erbauung 14 davon auf das 20. Jahrhundert.

Messungen von 1911 an zeigten, dass sich der Turm jährlich um etwa 1,2 Millimeter zusätzlich aus der Achse neigt. Das Ziel war nicht, den Turm vollständig zu begradigen, sondern die Schieflage zu reduzieren und zu stabilisieren.

Auf der höherliegenden Nordseite wurden zunächst 600 und später 900 Tonnen Gewicht in Form von Bleiquadern als Ballast neben dem Turm aufgestapelt. Die Idee dahinter ist, dass sich der Baugrund als Reaktion auf die Quader setzt und den Turm quasi mitnimmt.

Die letzte Sanierungsmaßnahme wurde 1999 durchgeführt. Man entschied sich für die Bodenextraktions-Methode, bei der Schrägbohrungen unter die Nordseite des Turms geführt wurden. Aus den Bohrkanälen wurden so insgesamt rund 50 Kubikmeter Material entfernt. Die Bohrlöcher sind instabil und verschließen sich unter der Last des Turms wieder. Dies führt abermals zu höheren Setzungen auf der Nordseite und somit zu einer Begradigung des Turms. Die Neigung des Turms konnte so von ungefähr 5,5 Grad auf 4 Grad reduziert werden.

Es ist nun keineswegs so, dass der schiefe Turm von Pisa nun in seiner Lage verharrt, die Schiefstellung schreitet weiter voran. Aber man muss sich, so die Hoffnung, für die nächsten 300 Jahre keine weiteren Gedanken um die Standsicherheit des Turmes machen.