Der Wandreibungswinkel δa ist der Winkel zwischen der Normalen einer durch Erddruck belasteten Bauwerksfläche und der resultierenden Erddruckkraft, die auf diese Fläche wirkt. Man kann den Wandreibungswinkel folglich auch als „Erddruckneigungswinkel“ verstehen.

Relevant ist er vor allem für die Bemessung von konstruktiv gesicherten Geländesprüngen wie zum Beispiel für Spundwände, Bohrpfahlwände, Winkelstützwände, Trägerbohlwände oder Schwergewichtswände.

Die Größe des Wandreibungswinkels hängt von der Bodenart ab, die an dem Bauwerk anliegt, vom Bruchmechanismus und vom Material des Bauwerks selbst. Genauer gesagt ist die Rauigkeit des Materials maßgebend.

Ansätze zur Abschätzung des Wandreibungswinkels

Ausgehend vom charakteristischen Reibungswinkel φ‘k des anstehenden Bodens können in Abhängigkeit der Form der Gleitflächen und der Rauigkeit des Bauwerks in Anlehnung an DIN 4085, Anhang A, Tabelle A.1, folgende Wandreibungswinkel angesetzt werden:

Rauigkeit des BauwerksWandreibungswinkel

Gekrümmte GleitflächenEbene Gleitflächen
Verzahntφ‘k(2/3) x φ‘k
Rau≤ 27,5°
≤ φ’k – 2,5°
(2/3) x φ‘k
Weniger rau0,5 x φ‘k0,5 x φ‘k
Glatt00
Wandreibungswinkel in Abhängigkeit von der Form der Gleitflächen und der Rauigkeit der Bauwerksoberfläche

Die vorgenannten Angaben stammen aus einem informativen Anhang, es können auch abweichende Ansätze für den Wandreibungswinkel gewählt werden.

Als „verzahnt“ kann der Verbund von Boden und Bauwerk betrachtet werden, wenn beispielsweise Ortbeton zum Einsatz kommt und so eine enge Verbindung besteht.

Als „rau“ gelten die unbehandelten Oberflächen von Stahl, Beton, Holz oder Mauerwerk, während für „weniger rau“ als Beispiel Kunststoffplatten genannt werden.

„Glatt“ ist beispielsweise eine stark schmierige Hinterfüllung oder eine Dichtungsschicht, über die keine Schubkräfte übertragen werden.

Der Wandreibungswinkel ist sowohl auf der Aktiv- als auch auf der Passiv-Seite anzusetzen. Auf der Aktiv-Seite mit einer nach unten gerichteten Resultierenden des Erddrucks wird der Winkel positiv angesetzt, auf der Passiv-Seite mit entgegengesetzter Richtung ist er negativ.

Auswirkungen auf die Bemessung

Der Wandreibungswinkel hat einen entgegengesetzten Einfluss auf die horizontale und die vertikale Komponente der Resultierenden des Erddrucks. Je größer der Wandreibungswinkel, also je stärker der Verbund von Boden und Bauwerk, desto höher ist die vertikale Komponente. Die horizontale Komponente wird hierbei kleiner. Auf den absoluten Wert des Erddrucks hat die Wandreibung jedoch keinen Einfluss.